Nicht, daß du ihm ein prächtig Denkmal baust,mit tausend Tränen seine Gruft betaust,und heimlich hoffst, daß euch der Tod vereint,nicht dadurch ehrst du den gestorbnen Freund.Wenn du das Werk, das ihm nicht mehr gelang,bis an sein Ende führst mit Treu und Dank,wenn deine Hand die Blütenkrone hegtdes Baumes, den er knospend einst gepflegt,wenn dem, was er geliebt, dein Herz erglüht,so daß in dir sein Wesen nochmals blüht,so daß du lebst und schaffst in seinem Geist:das ist´s, wodurch du ihn dem Tod entreißt.
Auf meinen Lippen brennt dein Kuß,er brennt wie Feuer und Sünde,er brennt wie himmlischer Hochgenußund macht mich zum schwachen Kinde.Viel wilde Rosen erblühn und glühnund glühn und verwelken am Hage –und der Wald ist duftig, der Wald ist grünam leuchtenden Julitage ...Vom Meer herauf die Sonne grüßt,Tautropfen am Riedgras beben: – wir haben uns kaum Willkommen geküßtund sollen uns Abschied geben!Und gehen sollst du, geliebter Mann,mit all´ dem zitternden Bangen,mit der ungelöschten Glut hindann –und durften uns kaum umfangen.Wie lange währt es, so schwillt der Wein,Im Felde die Sicheln klingen;all´, was da blühte im Sonnenschein,wird reifen und Früchte bringen.Die Luft wird kühl, und das Laub verdorrt,Schnee liegt auf Hängen und Hagen …wir aber werden von Ort zu Ortdie zehrenden Gluten tragen.
Nicht im Rosenschmuck der Jugendfand ich dich und liebt ich dich,grau schon ringelten die Lockenum der Stirne Weisheit sich,doch in deinem Kusse lodertungezähmte Jugendkraft,stimmt die Harfe meiner Seelezur Musik der Leidenschaft. –Deine grauen Haare bergen,was in deiner Seele ruht,wie die Asche des VulkanesZeuge ist der innern Glut,und aus deiner Augen Tiefen,sprühet blitzend, göttlich rein,ewig junges Leben kündend,deines Geistes Feuerschein.
Nun ist die letzte Notevom alten Lied gesungen,an der verstaubten Harfedie letzte Saite ist gesprungen.Kaum rührt ein Hauch die Lüftemit leisem tönenden Beben,wenn über die toten Saitenhinflattern die Spinneweben.
So laß uns trinken den letzten Trank,den Trank, der nicht verschäumt,in dessen Tiefen die Perle versank,die unsere Jugend erträumt.Leere das Glas bis auf den Grund,singe dein Lied bis zum Schluß –von meinem glutweinfeuchten Mundtrinke den letzten Kuß.Siehst du, wie tief schon die Sonne stehtund wie so rot ihr Licht? –Und ob sie in funkelnden Wassern zergeht,uns beiden, uns stirbt sie nicht.Uns leuchtet die Nacht, die niedersinkt,und ladet zum letzten Genuß –Und unsere lebendige Seele ertrinktjauchzend im Schöpferkuß.
Am altersgrauen Baum der Zeitist eine Blume abgeblüht,und eine Knospe tut sich auf.Die Menschheit seufzt in gleicher Fron;von ihrer müden Stirne fälltder Schweiß in Tropfen erdenwärts.Ihr Glaube aber träumt im Licht:vor ihren Sehnsuchtsblicken schwimmtdas Morgenrot des neuen Tags.Wie auch die Kette klirrt und drückt,der Zukunft Sturm zerbricht sie doch, –und jedes Jahr löst einen Ring.Und jede Knospe, die erblühtam altersgrauen Baum der Zeit,birgt einen Keim der künftigen Frucht.So grüß ich dich, du neues Jahr;du junge Knospe tu dich auf,und blüh´ in lichtem Rosenrot!Des Friedens milder Maienwindumspiele deinen vollen Schoß,der Liebe Geist befruchte dich!Und deine Düfte gieße aus, –mit Blütenblättern kränze duder Menschheit tiefgefurchte Stirn.In des Jahrhunderts Niedergangsei du ein lichter Zukunftstraum,sei du ein Gruß der neuen Zeit!
Die lange, lange, dunkle Nachthab ich durchwacht,mit Seufzen und in Tränentät sich mein Herz aus öder Qualdem Sonnenstrahl,dem Licht entgegensehnen.Und nun es kommt – wie bleich und kalt:es wogt und walltdes Nebels Wahngebilde, –zu Eis erstarrt die Träne – ach!ein Wintertagliegt über dem Gefilde!
Geht ein sonnenloser Tagwiederum zur Neige,und der graue Nebel tropftdurch die kahlen Zweige.Leise atmend ruht die See,müde, traumumsponnen . . .eine Woge, schaumgekrönt,ist im Sand zerronnen.
In kindlicher Seeleerdämmert die Liebe,wie Grünes der Erdeim Frühling entkeimt.Im Herzen der Jungfrauda knospet die Liebe,von künftiger Herrlichkeitsinnend sie träumt.Bis daß sie im Herzendes Weibes entfaltetzu üppigster Blüteberauschend erprangt.Im Herzen der Mutterzur edelsten Reife,zur Krone des Alls,zur Vollendung gelangt.